Die Rennbahnen in Australiens heißem Norden sind weniger bekannt. Dass der Galopprennsport aber immer wieder außergewöhnliche Geschichten schreibt, das wissen wir inzwischen alle. Eine ganz besondere Geschichte ist die des mittlerweile in Rente gegangenen Wallachs The Harrovian, der als Queenslands Superstar in die Geschichte des Bundeslandes einging. Unter der Regie von Trainer Stephen Massingham erlangte der unter dem Namen „The Big H“ bekannte Galopper Kultstatus. Begonnen hat alles auf der Rennbahn von Cairns, die auf eine mehr als 100-jährige Vergangenheit zurückblicken kann.

„The City in a Garden“ diente seit ihrer Gründung im Jahr 1876 eigentlich als Exporthafen. Obwohl mittlerweile Zuckerrohr das Hauptexportprodukt ist, mauserte sich die Stadt zu einem beliebten Urlaubsort. Vor allem die warmen Temperaturen zwischen April und Oktober locken viele Touristen und Backpacker an die weitläufigen Strände am Fuße des tropischen Regenwalds. Fast ebenso alt wie die Stadt selbst ist die idyllisch am Hang der Berge gelegene Galopprennbahn, die mit einer Grasbahn (1750 Meter) und einer Sandbahn ausgestattet ist. Zwischen 80 und 100 Pferde werden im Cannon Park trainiert. Etwa acht Trainer sind hier ansässig. Pro Jahr werden etwa zehn Renntage ausgetragen, für die eine moderne Startmaschine mit Platz für 14 Pferden zur Verfügung steht. Besonders wichtig ist der Cairns Cup-Tag, an dem auch Hutwettbewerbe und ähnliches veranstaltet werden. Dann platzt die Rennbahn aus allen Nähten und ganz Cairns scheint auf den Beinen zu sein. Auch hier gibt es zwar keine Blacktype-Rennen, doch in den einfachen Handicaps immerhin eine Siegprämie von bis zu 11.000 Dollar. Und in eben einer dieser Prüfungen nahm die Geschichte von „The Big H“ ihren Anfang. Es war kein leichter Weg, den das Pferd zurückgelegt hat. Nachdem sein Besitzer Tom Hedley den Wallach erworben hatte, erkrankte er auf dem Transport nach Cairns nämlich schwer. Zunächst sah es aus als könnte The Harrovian niemals Rennen bestreiten. Allen Prognosen zum Trotz siegte der Kultgalopper, der in New South Wales und Victoria wenig erfolgreich war, in 14 von 16 Rennen, an denen er in Queensland teilnahm. Zur Legende avancierte The Big H aber, weil er 2021 in die All Star Mile gevoted wurde. Als längster Außenseiter gestartet, erreichte er Platz fünf und verdiente dabei rund 150.000 Dollar.
Trainer Stephen Massingham ist aber auch ohne seinen Star der erfolgreichste Trainer im Cannon Park. In der laufenden Saison gewann er dort 13 von 36 Starts und führt damit die Rangliste an. Besonders für Tom Hedley ist Massingham mit seinem Team erfolgreich. Am „Niesar Painting Raceday“, der acht Rennen umfasst, gewann der Stall gleich zwei Prüfungen. Schon zum Auftakt, einem Maidenrennen über 1.250 Meter setzte sich die dreijährige Lady Damus leicht durch. Unter Ryan Wiggins legte die Stute die Maidenschaft souverän ab. Sie war dabei schon als Favoritin gestartet. „Wir waren nicht sicher, ob Lady Damus der Favoritenrolle gerecht werden kann, schließlich hat die Stute ihren ersten Start für uns absolviert. Sie stammt von den großen Rennbahnen in New South Wales und Victoria und besonders die Umstellung und die klimatischen Bedingungen hier in Cairns können eine große Herausforderung für die Pferde sein“, erklärt Tina Massingham.

Die 34 Grad scheinen aber weder die Pferde noch die Jockeys zu stören. Auch die Zuschauer nehmen in der klimatisierten Reef Bar wenig Notiz von der Hitze. Für Abkühlung ist gesorgt. Neben den rund 25 alkoholischen Getränken gibt es immerhin auch mindestens vier alkoholfreie Alternativen. Ryan Wiggins, der zu den erfolgreichsten Reitern in Cairns gehört, ist extra aus Brisbane für diesen Renntag angereist. Schon lange steigt er für Tom Hedley in den Sattel. Auch an diesem Tag konnte der 40-jährige doppelt punkten. Fast 1.000 Rennen hat er in seiner Karriere schon gewonnen. Cannon Park scheint ihm dabei besonders zu liegen. „In Cairns gewinnen fast immer die Pferde, die hier vor Ort trainiert werden. Die kleine Bahn mit ihren engen Bögen hat es in sich“, weiß Ryan Wiggins.

Tom Hedley war als Besitzer aber noch erfolgreicher, denn neben Lady Damus und Saturday Vibes (beide Stephen Massingham) gewann der Präsident des hiesigen Jockey Clubs auch noch mit Yoschi Toranga und Dreamline, die beide ebenfalls in Cannon Park, aber von Fred Wieland vorbereitet werden. Im fünften Rennen treffen wir auch Scott Sheargold wieder, der schon am vergangenen Wochenende in Innisfail erfolgreich war. Mit dem sechsjährigen Wallach Call Me Mo, der von Sharlee Hoffmann in Tolga trainiert wird, sichert der 35-jährige sich den Treffer im Handicap über 1.500 Meter. Auf die Frage, was den Cannon Park so besonders macht, lacht Sheargold nur. „Cairns ist wahrscheinlich der heißeste Ort der Welt“, findet er.