Die großen Rennbahnen an Australiens Ostküste sind bekannt für ihren Glamour und vor allem für sportliche Höchstleistungen. Der Melbourne Cup, besser bekannt als „The race thats stops a nation“, bringt traditionell am 1. Dienstag im November eine ganze Metropole zum Erliegen. Dabei ist das wichtigste Handicap nicht das einzige Millionenrennen in Down Under, das die besten Rennpferde der Welt anzieht. The Everest, der Caufield Cup oder auch die Cox Plate sind nur einige der großen Namen, die Hall of fame-Sieger hervorgebracht haben. Im Minutentakt werden in den Bundesstaaten New South Wales, Victoria und Queensland täglich Rennen entschieden. Im tropischen Norden des Landes geht es allerdings etwas ruhiger zu. Doch auch hier lässt sich eines nicht bestreiten: Australien ist eine Rennsportnation.
Das beschauliche Innisfail, eine Kleinstadt im Bundestaat Queensland, etwa 100 Kilometer südlich von Cairns, ist nämlich eigentlich vor allem für Zuckerrohr- und Bananenanbau bekannt. Fragwürdige Berühmtheit erlangte das Städtchen als es im März 2006 von einem Zyklon verwüstet wurde. Bekannt ist man hier nicht durch Galopprennsport auf höchstem Niveau. Trotzdem werden auf der hiesigen Rennbahn schon seit 1888 etwa acht bis neun Renntage im Jahr veranstaltet. Das Highlight einer jeden Saison auf der 1600 Meter langen Grasbahn mit eigener moderner Startmaschine, die Platz für 12 Pferde bietet, ist der Innisfail Cup sowie der Banana Cup Day. An diesen beiden Tagen platzt das Areal mit seiner kleinen Tribüne aus allen Nähten, obwohl der Siegpreis im höchstdotierten Rennen des Jahres nur rund 20.000 Australische Dollar beträgt. Listen- oder andere Blacktype-Rennen werden in Innisfail nicht gelaufen und auch an einem der weniger populären Renntage fällt auf, dass die mit fünf Rennen bestückte Karte nur Handicaps aufweist, die mit insgesamt 8.000 Dollar ausgeschrieben sind. Rund 50 Zuschauer sind gekommen um die lokalen Aktiven anzufeuern, zu wetten und um das ein oder andere Bier zu trinken.

Dennoch versprüht die Rennbahn und der Innisfail Tuf Club ihren ganz eigenen Charme. Für die Atmosphäre sorgen vor allem die Aktiven wie Steve Potiris, der seine 15 Pferde vor Ort trainiert. „Hier geht es sehr familiär zu. Wir haben keinen Druck“, lacht der Trainer, der nebenbei auch Taxifahrer und Farmer ist. Den Sieg im ersten Rennen, einem Handicap über schnelle 900 Meter, schnappt der Familienvater sich mit Stute Millaa Miss trotzdem. Und das wird dann auch gebührend gefeiert. Anlass gibt es genug, denn oben auf der Tribüne lassen Freunde, Familie und Bekannte Tochter Anthoula hochleben, die gerade 21 geworden ist. Zum Geburtstag erhält die Pferdenärrin sogar eine Videobotschaft von Jockey Zac Purton, der derzeit in Hongkong aktiv ist. Als Auszubildender absolvierte der Superstar für die Familie Potiris einige Ritte. Er saß auch beim größten eigene Zuchterfolg, einer Gruppe III-Platzierung, im Sattel.
Der Vater rennt derweil zwischen Geburtstagsparty und Sattelplatz hin und her. Einen echten Führring gibt es nicht, dafür aber die bekannten australischen Ponys, die die Pferde zur Startmaschine begleiten. Im dritten Rennen, einem Handicap über 1100 Meter läuft nämlich Air Force Ace, der große Hoffnungsträger des Tages. „Air Force Ace hat hier gerade gewonnen, allerdings über 900 Meter. Er verpullt sich immer, dennoch wollen wir es auf der weiteren Distanz probieren. Heute habe ich auch einen besseren Jockey“, erklärt Steve Potiris. Gemeint ist Scott Sheargold, ein erfahrener Reiter, der auf fast 500 Siege im Rennsattel zurückblicken kann. Für die vier Ritte des Tages nimmt der 35-jährige eine Anreise von fast drei Stunden in Kauf. Er lebt zwar ebenfalls in Queensland, doch hier misst man Entfernungen mit anderen Maßen. „Es lohnt sich immer nach Innisfail zu kommen. Es ist eine der besten Rennbahnen, die wir hier oben haben. Auch, wenn es regnet, bleibt der Boden gut.“, findet er.
Und Regen ist ein großes Thema in der Region rund um Innisfail. Es gibt nämlich nur zwei Jahreszeiten. In der „Wet Season“ erreichen die Werte zwar immer noch 35 Grad und mehr, es können aber auch Zyklone auf das Küstengebiet treffen. Für derartige Fälle gibt es in der kleinen Stadt sogar einen eigenen Schutzbunker. Einem Zyklon ist Scott Sheargold an diesem Tag zwar nicht ausgesetzt, doch mit Air Force Ace gab es für den erfahrenen Mann auch nichts zu holen. Erst im vierten Rennen des Tages kommt er zu seinem ersten Treffer. Ebenso nicht unter den ersten dreien zu finden ist Solomon. Ein Siebenjähriger, der in seiner Karriere immerhin schon rund 120.000 Dollar eingaloppiert ist. Trainer Bruce Hunter stammt aus Atherthon, einer weiteren Kleinstadt in der Nähe, die ebenfalls eine eigene Rennbahn hat. Er besitzt allerdings nur das eine Pferd. Einen Arbeitsreiter braucht es nicht, denn trainiert wird der Wallach, in dem er neben dem fahrenden Motorrad herläuft. „Viele der Pferde, die hier laufen, sind älter. Sie stammen aus anderen Bundesstaaten, wo sie aussortiert wurden“, erklärt er.
Isabellah Teh, die Reiterin, die schon Millaa Miss zum Sieg geritten hat, gewinnt schließlich auch das letzte Handicap des Tages. Danach wird es ruhig auf er Rennbahn von Innisfail. Vor Ort sind nur noch die 40 Pferde, die hier ihr zu Hause haben. Am kommenden Donnerstag stehen im nahegelegenen Cairns die nächsten Rennen an. In Innisfail macht man für dieses Jahr Schluss. Weiter geht es erst am 28. Januar.